Heimwehbrief
   
Das ist das Fröschlinchen.
Das Fröschlinchen ist eine Freundin vom Fröschlein. Die beiden haben sich auf einer Party kennengelernt.
Und jetzt ist das Fröschlinchen zu Besuch beim Fröschlein.
Denn normalerweise lebt das Fröschlinchen auf dem Land, bei Mama und Papa.
   
Doch weil sich das Fröschlein und das Fröschlinchen so gerne mögen, hat das Fröschlinchen seine Eltern gefragt, ob es in den Ferien das Fröschlein besuchen darf.
Die Eltern haben gesagt, na gut, Fröschlinchen, du kleiner Flauschfrosch, dann fahr eben zum Fröschlein in die große Stadt.
Seit einer Woche schon macht das Fröschlinchen Ferien beim Fröschlein.
   
Und jetzt hat das Fröschlinchen Heimweh.
Nicht, daß es ihm nicht gefallen würde in der Stadt. Aber das Fröschlinchen ist eben doch noch sehr flauschig, und die Mama und der Papa vom Fröschlinchen sind so weit weg!
Da wird das Fröschlinchen ganz, ganz traurig und durchfeuchtet mit einem Schneuzer drei Papiertaschentücher.
   
Ja, hat denn wirklich keiner das Fröschlinchen lieb?
Doch! Das Fröschlein. Wer sonst!
Das Fröschlein kommt und tröstet das Fröschlinchen.
Was Heimweh ist, das weiß das kleine Fröschlein zwar nicht. Aber daß sich jetzt jemand ganz lieb um das Fröschlinchen kümmern muß, das weiß das Fröschlein schon.
   

Das Fröschlein nimmt das Fröschlinchen auf den Arm und tröstet es. Das nennt man in der Froschsprache "flauschen".
Wie das geht, kann man hier sehr schön sehen.
Dem Fröschlinchen geht es schon etwas besser.
Wenn nur Mama und Papa da wären, damit man mit ihnen ein wenig flauschen könnte. . .
   
Da hat das Fröschlein eine Idee.
Wenn man einsam ist, dann muß man darüber sprechen.
Und wenn man nicht sprechen kann, dann schreibt man einen Brief. Da kann man dann der Mama und dem Papa sagen, wie sehr man sie vermißt.
Das Fröschlinchen leiht sich vom Onkel einen Füllfederhalter.
   

(Ein Füllfederhalter ist ein Stift, den sich erwachsene Männer, die schon lange nicht mehr zur Schule gehen müssen, zum Gebrutstag schenken lassen. Das ist dann etwas besonderes.)
Das Fröschlinchen schreibt und schreibt.
Mit jedem Wort wird die Last auf ihrem kleinen Froschherzen etwas leichter.
   
Und schon ist der Brief fertig.
Das Fröschlein leiht bei der Mama einen Briefumschlag und der Papa verspricht, am nächsten Morgen heimlich im Büro eine Marke auf den Umschlag zu kleben.
Dann kann der Brief abgeschickt werden.
Und schon bald wissen die Mama und der Papa vom Fröschlinchen, wie sehr sie ihrem kleinen Flauschfrosch fehlen.
   

Dem Fröschlinchen geht es wieder gut, weil ihre Eltern bald wissen, daß es ihr gut geht.
Dem Fröschlein geht es gut, weil es dem Fröschlinchen gut geht.
Und dem Papa vom Fröschlein geht es gut, weil es dem Füllfederhalter gut geht.
   

So ist das manchmal im Leben.
Bist Du unglücklich, schreib einen Brief!
Hier kannst du den Brief anschauen...